Ein Findling namens Emma – Teil II

bevor wir Emmi hoch nahmen machte sie erstmal in der Badewanne ihr GeschaeftEmma, wir riefen sie eigentlich immer Emmi, weil das niedlicher klingt, ist schon eine Marke! Ja nicht das eigene Stüble verunreinigen. Kotbüffchen hat sie zu den Gitterlöchern ihres kleinen Heims – der Tragebox für Katzen – hinaus geschmissen. Sogar, wenn ein Handtuch, mit welchem wir den Boden auslegten, dreckig war, ja, selbst das hat sie durch die kleinen Löcher nach draußen gedrückt. Bevor wir sie zum Schmusen auf dem Arm nahmen, taten wir sie erst einmal in die Badewanne (natürlich ohne Wasser). Da wusste sie genau, was zu tun ist, hielt ihren Po über den Abguss und strullerte hinein. Nun konnten wir sie ohne Befürchtungen hoch nehmen oder auf der Couch rumsausen lassen. So einfach war das.

Einen neuen Besitzer zu finden war allerdings alles andere als einfach. Meist lag es nur daran, dass die Leute viel zu weit weg wohnten. Das ist lieb gemeint gewesen und es ist schön zu wissen, wie viele Menschen Emmi gerne bei sich aufgenommen hätten. Aber die weite Fahrtstrecke wollte ich ihr nicht antun. Dann hatten wir einen netten Kontakt zu jemanden. Wir haben Emmi deswegen für denjenigen reserviert. …So etwas mache ich nicht wieder, denn nachdem es sich über einen Monat in die Länge zog, wurde uns abgesagt.

Obwohl ich aber auch zugeben muss, dass Emmi während dieser Zeit sowieso noch nicht wieder fit genug war und wir sie daher eh noch nicht abgeben konnten. Wir hatten sogar darüber nachgedacht, sie zu behalten. Schließlich hatte die Süße alle Herzen unserer Familie erobert, so eine Liebe! Sie hat uns auch unglaublich viel Vertrauen entgegen gebracht. Selbst als es eine Spritze beim Tierarzt gab – und sie hatte furchtbare Angst – hat sie nicht in die Finger gebissen, obwohl ich mit einer Hand genau vor ihrem Gesicht war. Das habe ich ihr sehr hoch angerechnet. Nun ja, aber mit dem Behalten… eigentlich haben wir ja schon einen halben Zoo zu Hause und es fehlte ein ordentlicher großer Käfig und eine Rattenfreundin. Jedenfalls traf uns eines Tages bald der Schlag als wir eine neue Beule in der Nähe der Narbe feststellten – hart, groß und wurde etwas größer in den folgenden Tagen. Unsre Tierärztin konnte nicht mit genauer Sicherheit sagen, ob es nur ein angeschwollener Lymphknoten, ein neuer Tumor oder eine verkapselte Eiteransammlung war. Eine weitere OP hätten wir nicht zugelassen, denn diese Prozedur hätte Emmi bestimmt nicht noch einmal überlebt. Als dieser Knoten aber wieder kleiner und weicher wurde, war uns klar, dass es glücklicherweise „nur“ eine Eiteransammlung war.

Emmi musste ganz oft ein Kamillebad nehmenMeine Mutti badete Emmi daher jeden Abend in einer Schüssel mit warmen Wasser mit Kamillan. Und eines Tages dann wurde es ziemlich eklig. …und grün. Ungelogen! Mehr Details möchte ich Ihnen, lieber Leser, nicht antun! Dadurch, dass der entfernte Tumor so groß war, hatte er ja auch einen großen Hohlraum im Körper zurück gelassen. Da geschieht es ganz oft, dass sich dann dort alles Wundwasser, Eiter und Zellreste ansammeln. Aber auch dieses Problem war dann aus der Welt.

Lange Zeit hatte sich niemand mehr gemeldet, der Emmi haben wollte. Doch dann gab es gleich zwei Interessenten auf einmal. Wer die Wahl hat, hat die Qual. Es war nicht einfach und man möchte ja niemandem Unrecht tun, doch die eine Geschichte bewegte mich sehr:

Die Anruferin war eine ganz Nette, aber sie war sehr traurig und bat mich, Emmi haben zu dürfen. Iris, so heißt sie, erzählte mir am Telefon, dass ihr älteres Rattenmädchen namens Mini nun sehr traurig und einsam sei, denn ihre Mitbewohnerin, also das andere Rattenmädchen, musste nach längerer Krankheit eingeschläfert werden. Sie hatte eine Krankheit, bei der die Fußsohlen schmerzhaft anschwellen und sich entzünden. Die Kleine hieß auch Emma. Sie ist am 24. Februar 2014 gestorben.

Iris ist ein sehr tierlieber Mensch und ihr tat das sehr leid, was mit ihrer Emma geschah und sie machte sich natürlich große Sorgen um Mini, dass sie vielleicht vor Sehnsucht sterben würde. So etwas kommt ja schließlich auch nicht selten vor. Also kam Iris mit ihrem Mann zu uns, um unsre Emmi abzuholen. Man merkte sofort, dass Emmi in gute Hände kommt, denn sie hielt relativ ruhig und Iris zeigte ihr mit ihren Streicheleinheiten, dass sie Vertrauen haben darf. Wir waren alle glücklich. Als die Tür dann zu ging, kullerten bei meiner Mutti und mir ein paar Tränchen die Wangen hinunter, aber es war besser so.

Nun bekam Mini wieder eine Kameradin namens Emma. Seitdem schickte uns Iris bei jeder Gelegenheit Fotos zu und berichtete, wie es Emmi und Mini geht, wie sie sich nahe kommen, wie Emmi ihr neues Zuhause annimmt, usw. Die Fotos, auf denen beide zu sehen sind, machten uns sehr glücklich. „Zwei, die beginnen, Freunde zu werden“, nannte Iris das eine Bild. Süß, nicht!

Hier mal eine von Iris E-Mails an mich:

„Liebe Nancy, das erste Beschnuppern lief schon mal ganz gut. Haben sich auch schon mal ganz vorsichtig gegenseitig geputzt.

Aber sie haben noch etwas Angst voreinander, sind aber beide sehr neugierig aufeinander. Natürlich kommen bald auch Fotos. Emmi musste heute erstmal üben, wie man Leitern im Stall hochklettert.

Liebe Grüße
Iris“

Emmi ging es aber scheinbar in ihrem großen und schönen neuen Zuhause wohl etwas zu gut, denn sie biss Mini in die Ohren. Die kleine Freche. Aber zum Glück haben sie sich die meiste Zeit gerne gehabt.

die arme kraenkelnde Mini muss ein Bad nehmen (Foto von Iris)Doch leider sollte dieses Glück nicht lange anhalten. Mini ging es irgendwann nicht mehr so gut. „… Mini bekommt Antibiotika und Emmi ist ganz besorgt und kuschelt ausgiebig mit ihr. Gestern waren sie zusammen in der Badewanne. Das war ein Spaß. …“

 

Einige Tage später kam folgende Nachricht:

„Liebe Nancy, liebe Anke und lieber Jochen! Leider habe ich ganz traurige Nachrichten für euch. Mini und Emmi leben nicht mehr. Die „Erkältung“ von Mini hat sich als ein aggressiver Virus entpuppt, den nur ganz gesunde Tiere überleben. Antibiotika hat nichts genutzt, obwohl ich es sogar täglich schweren Herzens gespritzt habe. Mini wurde kränker und kränker, hat dann die Nahrung verweigert und fiel beim Laufen immer um. Am 11.4. hat sie der Tierarzt von ihrem Leid befreit. Am nächsten Tag zeigte Emmi die gleichen Symptome. … Sie hatte ständig Krampfanfälle und Ostermontag auch schlimme Atemnot. Es war so traurig, wie sie mich angefleht hat, ihr zu helfen. …
Ich bin todtraurig und weine oft, wenn ich nicht abgelenkt bin.
Es blieb wirklich keine andere Wahl als sie zu erlösen. Vielleicht hätte ich schon zwei Tage früher gehen sollen, aber ich wollte der Kämpferin eine Chance geben.
Seid mir nicht böse, dass sie nur so eine kurze schöne Zeit hier hatte. Aber im Rattenleben sind Wochen Jahre und die hat sie mit Mini genossen. …“

Emmi ist am Ostermontag gegen 19.15 Uhr eingeschlafen. Der Tierarzt hat sie einschläfern müssen. Iris hat Emma, Mini und Emmi begraben und hat diese kleinen Gräber wirklich sehr sehr schön gestaltet. Zurück bleiben viele traurige Menschen und traurige Erinnerungen. Aber auch sehr viele schöne Erinnerungen und neue Freundschaften. Und dafür sind wir sehr dankbar!

Dankbar bin ich für alle Menschen, die Emmi lieb hatten und für ihr Wohl sorgten und kämpften. Ein großer Dank geht an meine Mutti, die Emmi zusammen mit Kater Willi auf der Straße fand, sie vorurteilslos und liebevoll aufnahm, sie liebte, schmuste, Zeit mit ihr verbrachte, Tunnel und Labyrinthe aus Pappkartons für sie bastelte, sie pflegte und vieles mehr; Jochen, der immer behilflich war und mit unterstützte; der Tierärztin, die hervorragende Arbeit leistete und auch mit Herz ihrer Arbeit nachgeht und so Emmi noch etwas mehr Zeit schenken konnte; der lieben Nachbarin meiner Mutti, Frau Pfodenhauer, die uns finanziell bei Emmis tierärztlichen Behandlungen unterstützte und zu guter Letzt möchte ich Iris einen besonderen Dank aussprechen, dafür, dass sie Emmi ein tolles Zuhause bieten konnte, eine liebevolle Art hat mit Tieren umzugehen und um alle Drei kämpfte und ihnen ein schönes Ruheplätzchen gegeben hat!

Es kann nicht immer so bleiben, hier unter dem wechselnden Mond,
es blüht eine Zeit und verwelket, was mit uns die Erde bewohnt.
(August von Kotzebue)

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